Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist ein heikles und mit vielen rechtlichen Hürden verbundenes Thema. Besonders der Zugang der Kündigung spielt hierbei eine entscheidende Rolle. Arbeitgeber stehen oft vor der Frage, wie sie sicherstellen können, dass eine Kündigung den Arbeitnehmer auch tatsächlich erreicht. Eine weit verbreitete Methode ist der Versand der Kündigung per Einwurfeinschreiben. Doch ist der Zugang der Kündigung auf diesem Weg wirklich sicher und rechtlich wirksam? Im Juni 2024 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit einem Urteil (BAG, Urteil vom 20.06.2024, 2 AZR 213/23) neue Maßstäbe für den Zugang einer Kündigung per Einwurfeinschreiben gesetzt. Dieser Artikel beleuchtet die rechtlichen Aspekte und bietet einen umfassenden Überblick über die aktuellen Entwicklungen.
1. Bedeutung des Zugangs einer Kündigung
Der Zugang einer Kündigung ist ein wesentlicher Bestandteil im Kündigungsprozess des Arbeitsverhältnisses. Erst mit dem tatsächlichen Zugang wird die Kündigung wirksam und die Kündigungsfrist beginnt zu laufen. Um den Zugang sicherzustellen, greifen viele Arbeitgeber auf das Einwurfeinschreiben zurück. Doch ist dieser Weg wirklich so sicher, wie viele denken? Das BAG-Urteil aus dem Jahr 2024 hat zu dieser Frage Klarheit geschaffen.
2. Was ist ein Einwurfeinschreiben?
Das Einwurfeinschreiben ist eine spezielle Form des Postversands. Es zeichnet sich dadurch aus, dass der Briefträger das Schriftstück direkt in den Briefkasten oder das Postfach des Empfängers einwirft. Der Zeitpunkt des Einwurfs wird dokumentiert, und der Absender erhält einen Einlieferungsbeleg. Dieser Beleg enthält Informationen über den Einwurfzeitpunkt und dient als Nachweis, dass der Brief zugestellt wurde.
### 3. Vorteile des Einwurfeinschreibens bei der Kündigung
Für den Arbeitgeber bietet das Einwurfeinschreiben eine Reihe von Vorteilen. Zum einen kann der Arbeitgeber den Zeitpunkt des Einwurfs nachweisen, was für die Berechnung der Kündigungsfrist entscheidend ist. Zum anderen wird die Zustellung unabhängig davon, ob der Empfänger anwesend ist oder den Brief persönlich entgegennimmt, vorgenommen. Im Gegensatz zum Einschreiben mit Rückschein besteht also nicht die Gefahr, dass der Empfänger die Annahme verweigert oder nicht zu Hause ist.
4. Problematik des Zugangs bei Einwurfeinschreiben
Trotz dieser Vorteile ist der Zugang einer Kündigung per Einwurfeinschreiben nicht unumstritten. Ein Problem besteht darin, dass der Arbeitgeber zwar den Einwurf des Schreibens dokumentieren lassen kann, jedoch nicht den genauen Inhalt des Schreibens. Es besteht also theoretisch die Möglichkeit, dass der Empfänger bestreitet, dass das Schreiben eine Kündigung enthielt. An diesem Punkt kommt die Beweislast ins Spiel: Der Arbeitgeber muss den Zugang und den Inhalt des Schreibens nachweisen.
5. Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 20.06.2024 (2 AZR 213/23)
Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Urteil vom 20. Juni 2024 (2 AZR 213/23) wichtige Klarstellungen zum Zugang einer Kündigung per Einwurfeinschreiben getroffen. Das Gericht entschied, dass der Zugang einer Kündigung dann als erfolgt gilt, wenn der Brief in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, in diesem Fall also in den Briefkasten. Die Richter stellten jedoch auch klar, dass der Arbeitgeber im Streitfall nachweisen muss, dass das Schreiben tatsächlich eine Kündigung enthielt.
Das BAG stellte zudem fest, dass der Einlieferungsbeleg allein nicht ausreicht, um den Zugang der Kündigung sicher zu belegen. Vielmehr muss der gesamte Prozess der Zustellung, einschließlich des Inhalts des Schreibens, im Zweifelsfall durch Zeugenaussagen oder andere Beweismittel belegt werden können. Das Urteil betont somit die Bedeutung einer sorgfältigen Dokumentation des Kündigungsprozesses.
6. Nachweispflichten des Arbeitgebers
Der Arbeitgeber trägt die Beweislast dafür, dass die Kündigung den Arbeitnehmer erreicht hat. Die Dokumentation des Einwurfs ist zwar ein wichtiger Schritt, reicht jedoch nicht aus, um den Zugang im Streitfall zweifelsfrei nachzuweisen. Um die Nachweispflicht zu erfüllen, sollten Arbeitgeber daher weitere Maßnahmen ergreifen, beispielsweise:
– Dokumentation des Kündigungsschreibens mit einer Kopie des Inhalts.
– Beauftragung eines Zeugen, der den Versand und den Inhalt des Schreibens bestätigen kann.
– Nutzung eines Boten, der den Einwurf des Kündigungsschreibens dokumentiert.
7. Konsequenzen bei fehlendem Zugang
Erfolgt der Zugang der Kündigung nicht nachweislich, hat dies erhebliche Konsequenzen für den Arbeitgeber. Die Kündigung gilt dann als nicht erfolgt, und das Arbeitsverhältnis besteht fort. Der Arbeitgeber trägt das Risiko, dass er die Kündigungsfrist verpasst und weiterhin zur Zahlung des Gehalts verpflichtet bleibt. Zudem drohen im Falle einer Kündigungsschutzklage hohe Prozesskosten.
8. Empfehlungen für Arbeitgeber
Vor dem Hintergrund des BAG-Urteils sollten Arbeitgeber den Zugang einer Kündigung sorgfältig planen und dokumentieren. Hierzu gehören folgende Maßnahmen:
– Versand der Kündigung zusätzlich per Boten oder Übergabe in Anwesenheit eines Zeugen.
– Nutzung des Einwurfeinschreibens als ergänzende Maßnahme, jedoch nicht als alleinige Nachweismethode.
– Dokumentation des gesamten Kündigungsprozesses, einschließlich Kopie des Kündigungsschreibens und Zeugenbeweise.
9. Zugang einer Kündigung per Einwurfeinschreiben: Rechtslage 2024
Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts hat die Rechtslage zum Zugang einer Kündigung per Einwurfeinschreiben weiter konkretisiert. Es verdeutlicht, dass Arbeitgeber beim Versand der Kündigung hohe Sorgfalt walten lassen müssen. Das Einwurfeinschreiben bietet zwar eine gewisse Sicherheit, ist jedoch nicht frei von Risiken. Es ist daher ratsam, den Zugang durch zusätzliche Beweismittel abzusichern.
10. Fazit: Zugang der Kündigung sorgfältig dokumentieren
Der Zugang der Kündigung ist entscheidend für die Wirksamkeit einer Kündigung und den Beginn der Kündigungsfrist. Ein Einwurfeinschreiben allein bietet keine hundertprozentige Sicherheit, den Zugang im Streitfall zu beweisen. Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 20.06.2024 (2 AZR 213/23) verdeutlicht, dass Arbeitgeber in der Beweispflicht stehen und den Zugang samt Inhalt der Kündigung umfassend dokumentieren müssen. Für Arbeitgeber ist es daher ratsam, beim Kündigungsprozess auf sorgfältige Dokumentation und, wenn möglich, zusätzliche Zustellmethoden zurückzugreifen, um sich rechtlich abzusichern.
**Schlussgedanke**
Eine Kündigung ist ein heikles Thema und kann für beide Seiten zu erheblichen rechtlichen Konsequenzen führen. Arbeitgeber sollten sich der Bedeutung des Zugangs bewusst sein und den Prozess entsprechend planen. In Zweifelsfällen oder bei Unsicherheiten ist es ratsam, rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen, um mögliche Risiken zu minimieren.